Trage du herbei das Handtuch,
Bücke dich zur Erde tiefer,
„Mit dem Mehlmaaß in den Armen
Kommt herbei die Schwiegermutter,
Lauf ihr auf den Hof entgegen,
Bücke dich recht tief zur Erde,
Nimm das Mehlmaaß aus den Armen,
Trage es geschwind in’s Zimmer!“
„Solltest du nicht selber wissen,
Nicht von selber es verstehen,
Welche Arbeit wohl zu machen,
Frage du dann von der Alten:
„„O geliebte Schwiegermutter,
Welcher Weise wird die Arbeit
Hier verrichtet, hier gehalten?““
„Antwort giebt dir dann die Alte,
Solches spricht die Schwiegermutter:
„„Also mußt du dieses machen,
Und die Arbeit so verrichten:
Stampfe fleißig, mahle kräftig,
Trage ferner frisches Wasser,
Knete dann mit Kraft den Brotteig,
Trage Scheite in die Stube,
Daß den Ofen man erwärme,
Backe dann die Bröte fertig,
Dörre du die dicken Kuchen,
Spüle rein das Eßgeschirre,
Wasche rein die Trinkgefäße.““
„Hörst du von der Schwiegermutter,
Nimm das Korn dann von den Steinen,
Eile in die Mühlenkammer,
Bist du dorten hingekommen,
Bist du in der Mühlenkammer,
Sing’ dann nicht mit muntrer Kehle,
Lärme nicht aus vollem Halse,
Laß des Steines Kurbel singen,
Lärmen du die Seitenlöcher;
Stöhne du dabei nicht heftig,
Damit nicht der Schwäher glaube,
Nicht die Schwiegermutter denke,
Daß du voller Unmuth stöhnest,
Du voll Ärger also seufzest!“
„Siebe dann das Mehl geschwinde,
Bring’s im Deckel dann zur Stube,
Backe drauf das Brot mit Freude,
Knete du’s mit großer Sorgfalt,
Daß das Mehl nicht hier beisammen,
„Siehst den Eimer schräg du stehen,
Nimm den Eimer auf die Schulter,
Nimm das Schöpffaß in die Arme,
Mach’ dich auf zum Wasserholen,
Trag den Eimer voller Anmuth,
Bring’ ihn an des Tragholz Spitze,
Komme wie der Wind zurücke,
Schreite gleich den Frühlingslüften,
Weil’ nicht lange bei dem Wasser,
Daß der Schwäher nicht vermuthe,
Nicht die Schwiegermutter denke,
Daß dein Bild du angeschauet,
Daß dich selbst du angestaunet,
Deine Frische in dem Wasser,
Deine Schönheit in dem Brunnen!“
„Gehest du zum Holzeshaufen,
Um dort Scheite auszuziehen,
Wirf dann nicht zurück die Scheite,
Greife ruhig nach den Scheiten,
Ohne viel damit zu lärmen,
Daß der Schwäher nicht vermuthe,
Nicht die Schwiegermutter denke,
Daß voll Ärger du sie werfest,
Du voll Hitze damit lärmest!“
„Gehst du nach dem Vorrathshause,
Gehest du um Mehl zu holen,
Ruhe nicht im Vorrathshause,
Daß der Schwäher nicht vermuthe,
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_136.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)