Sprach der muntre Lemminkäinen,
„Davon mögen Kinder sterben,
Nicht ist das ein Tod dem Helden;
Weiß das Feuer zu bezaubern
Und die Flammen zu ermüden,
Weiß die Schlangen wegzubannen,
Und die Nattern fortzutreiben;
Pflügte noch am vor’gen Tage
Einen Acker voll von Schlangen,
Ackerte ein Feld voll Nattern
Hielt die Schlangen mit den Fingern,
In den Händen ich die Nattern,
Tödtet’ Schlangen wohl ein Zehend,
Hunderte von schwarzen Nattern,
Schlangenblut ist an den Nägeln,
Natternfett noch an den Händen;
Werde nicht sobald gerathen,
Keineswegs sobald ich stürzen
In der Schlange Schlund als Bissen,
Selbst zerdrücke ich die Schlechten,
Press’ die Garstigen zusammen,
Bann’ die Schlangen auf die Seite,
Aus dem Wege fort die Nattern,
Schreite aus dem Hof Pohjola’s,
Dringe in der Stube Innres.“
Sprach die Mutter Lemminkäinen’s:
„Gehe nimmer du, mein Söhnchen,
Nach der Stube von Pohjola,
Schwertumgürtet sind dort Männer,
Helden dort in Kriegesrüstung,
Von dem Hopfentrank berauschet,
Durch das Trinken gar erbittert,
Bannen dich, den armen Schlucker,
An des Schwertes Feuerspitze;
Bess’re sind schon so gebannet,
Stärkre also überwunden.“
Sprach der muntre Lemminkäinen,
„Habe früher schon gelebet
In den Stuben von Pohjola,
Mich bezaubert nicht ein Lappe,
Stößt nicht fort ein Turjaländer,
Selbst bezaubre ich den Lappen,
Stoße fort den Turjaländer,
Sing’ entzwei ihm seine Schultern,
In das Kinn ihm eine Öffnung,
Sing’ entzwei des Hemdes Kragen,
Sprach die Mutter Lemminkäinen’s:
„O mein Sohn, der Männer ärmster,
Denkst du noch an früh’re Dinge,
Prahlst du mit dem frühern Gange:
Freilich hast du schon gelebet
In den Stuben von Pohjola,
Hast dort in dem See geschwommen,
Hast versucht die Hundszung-Seeen,
Bist den Strom hinabgefahren,
Hast Tuoni’s Fluß gesehen
Und gemessen Mana’s Fluthen;
Wärest dort noch heut’gen Tages
Ohne deine schlimme Mutter.“
„Merke dir, was ich nun sage:
Kommst du nach Pohjola’s Stuben,
Ist der Holm gefüllt mit Pfählen
Und der Hof mit lauter Stangen,
Diese voll von Menschenköpfen;
Daß auf dieses Pfahles Spitze
Dort dein Haupt gepflanzet werde.“
Sprach der muntre Lemminkäinen,
Er, der schöne Kaukomieli:
„Narren mögen das beachten,
Taugenichtse das bedenken,
Fünf, ja sechs der Kriegesjahre
Gegen sieben Kampfessommer,
Helden können das nicht achten,
Bringe mir mein Kriegeshemde,
Meine alte Kampfesrüstung,
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_163.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)