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Voltaire: Kandide. Erster Theil

den Händen Gottes hervorging; noch hatt’ ich keinen Mann erkannt, aber bald musst ich’s. Die Rose, die ich dem schönen Fürsten von Massa Carara aufbewahret, zerknikte der Hauptmann der Räuber; eine abscheuliche Frazenfigur von Neger, die mir dadurch noch ungemeine Ehre zu erweisen glaubte.

Warlich! die Fürstin von Palästrina musste so wohl, wie ich, Herkulesschultern haben, um all das Ungemach zu tragen, das bis zu unsrer Ankunft in Marokko über uns kam. Kein Wort weiter davon! Es ist etwas zu alltägliches, als daß es der Mühe lohnte, davon zu reden.

Bei unsrer Ankunft schwamm Marokko in Blut. Funfzig Söhne des Kaisers Mulei Ismael hatten jeglicher seine Partei; sonach wüteten daselbst funfzig bürgerliche Kriege. Schwarze fochten gegen Schwarze, fochten gegen Schwarzbraune, Schwarzbraune gegen Schwarzbraune, Mulatten gegen Mulatten; das ganze Land umher glich einer Mezge, wo Arbeit vollauf war.

Kaum waren wir auf dem Gestade, so rükte eine feindliche Partei an, die unserm Korsaren seine Beute abnehmen wollte. Wir waren nach den Diamanten und dem Golde das Allerkostbarste, was er hatte. Ich war Zeuge eines Kampfs, den Ihr in Euren Europäischen Gegenden nie so

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_056.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)