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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Kandide stand da, wie Laokoon’s Bildsäule, und sagte, wie er wieder Worte fand: Mein wohlehrwürdger Pater, alle Ahnen auf Gottes Erdboden können hier nicht in Anschlag kommen! Ich ris Ihre Schwester aus den Armen eines Inquisitors; sie hat mir nicht wenig Verbindlichkeiten, und deshalb giebt sie mir ihre Hand ganz von freien Stükken. Magister Panglos hat mir immer gesagt, daß alle Menschen einander gleich sind. Daher können Sie versichert sein, ich heurate sie.

Wollen sehn Schurke! Wollen sehn! rief der gejesuitete Baron von Donnerstrunkshausen, und gab ihm mit der flachen Klinge einen derben Hieb über’s Gesicht. Kandide gleich heraus mit seinem Degen, und ihm denselben bis an den Heft in den Leib gejagt.

Doch wie er ihn rauchend herauszog, hub er bitterlich an zu weinen. O mein Gott! da hab’ ich ihn umgebracht meinen alten Herrn, meinen Freund, meinen Schwager. Bin solch erzgutes Geschöpf, und habe nun schon drei Menschen ermordet! Und unter den dreien zwei Priester.

Kakambo, der an der Lusthausthüre Schildwacht gestanden hatte, kam hereingesprungen. Jezt müssen wir uns unsrer Haut wehren, fechten so lang’ wir noch einen Finger rühren können!

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_082.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)