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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Huhn noch Hahn über des Teutschen Jesuiten Tod. Der sorgsame Kakambo hatte seinen Mantelsak mit Pumpernikel, Schokolat, Schinken, Knakwurst, Obst und einigen Maaßen Wein gar wohl bespikt. Sie waren schon ziemlich tief in einem wildfremden ganz ungebahnten Lande, als sie eine schöne von vielen Bächen durchschnittne Wiese vor sich liegen sahen. Hier liessen sie ihre Gäule weiden, und Kakambo that seinem Herrn den Vorschlag zu essen, und ging ihm mit gutem Beispiele vor.

Ich, Schinken essen, Kakambo, und habe den Sohn des Herrn Barons erschlagen; darf meine Kunegunde in meinem Leben nicht wiedersehn! Wozu hülf’ es, ein elendes Leben zu fristen, das ich fern von meiner Geliebten in Reu’ und Verzweiflung zubringen mus. Und überdem, wie wird das Journal zu Trevoux mir mitspielen, wenn dasselbe es erfährt.

So sprach Kandide und aas dabei ein Stükchen Schinken nach dem andern, trank ein Gläschen auf’s andre. Die Sonne ging unter. Unsre Verirrten hörten ein schwaches Gekreisch; es däuchte ihnen Weibergekreisch. Sie wussten nicht ob’s Geschrei der Freude oder der Angst war, sprangen auf mit all’ der Unruh’ und Besorgtheit, die man in einem ganz fremden Lande zu haben pflegt, wenn man nur ein Espenblatt rauschen

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_084.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)