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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Nach Karolina zu kommen, war so leicht eben nicht. Nach welcher Seite sie ihre Richtung nemen mussten, wussten sie wohl so ungefähr; allein von allen Seiten her thürmten sich ihnen schrekliche Hindernisse entgegen; Gebürge, Flüsse, Abgründe, Strassenräuber und Wilde. Ihre Gäule wollten vor Strapaze umfallen, ihr Proviant war rein alle; schon einen ganzen Monat lang nährten sie sich mit Kokosfrüchten. Endlich gelangten sie an das Ufer eines kleinen Flusses, das mit Kokosbäumen besezt war. Da fanden sie wieder Nahrung ihres Lebens und ihrer Hoffnung.

Kakambo, ein so stattlicher Rathgeber wie die Alte, sagte zum Kandide: Weiter können wir nicht; haben auch schon ’nen ganz art’gen Marsch gemacht. Dort am Ufer steht ’n leeres Kanot, wollens mit Kokosnüssen anfüllen, und uns h’reinwerfen. Der Strom mag uns hinführen, wo er hin will. Er bringt uns gewis nicht hin, wo die Welt mit Brettern vernagelt ist. Mag’s uns nun gut gehn oder nicht; kriegen wir doch wieder was Neues zu Gesichte. Es sei drum, sagte Kandide. Die Vorsicht steh’ uns bei.

Sie trieben so etliche Meilen fort; bald war das Gestade blühend und lachend, bald öd’ und dürr, bald niedrig, bald steil. Der Flus ward

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_092.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)