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Voltaire: Kandide. Erster Theil

und Kronbedientinnen sie – wie’s Sitt’ im Lande war – durch zwei Reihen von Geigern und Pfeiffern nach dem Königlichen Gemache; jegliche Reihe bestand aus tausend Mann.

Unfern dem Königlichen Hörsaal fragte Kakambo einen von den obersten Kronbedienten, was hier Etikette sei, ob man beim Eintritt in’s Zimmer sich auf die Kniee oder auf den Bauch werfen, die Hände auf den Kopf oder auf den Hintern legen, oder den Staub vom Fusboden lekken müsste, oder wie man sich sonst dabei näme. Man umarmt den König, und küsst ihn auf beide Bakken, antwortete der Oberkämmerer. Kandide und Kakambo fielen Ihro Majestät um den Hals, wurden mit unbeschreiblicher Huld empfangen, und auf’s freundschaftlichste zum Supee gebeten.

Eh’ sie zur Tafel gingen, führte man sie in der Stadt herum. Sie fanden die Märkte mit einer Menge Säulen und mit Springbrunnen geschmükt. Einige davon warfen weiter nichts aus als schlecht und rechts Quellwasser, andre aber Rosenwasser, noch andere Likörs von Zukkerrohr. Die Bekken, worin die Wasserstrahlen in Einem fort fielen, waren von weitem Umfang’ und mit einer Art Edelgesteinen ausgelegt, die wie Zimmet und Nelke dufteten. Alle öffentlichen Gebäude reichten bis in die Wolken.

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_103.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)