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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Galle rege und stürzte ihn in die düsterste Schwermut. Jezt erblikte er die Argherzigkeit der Menschen in ihrer ganzen scheuslichen Gestalt; alles zeigte sich ihm in dunklem, höllenschwarzem Lichte.

Endlich erfuhr er, daß ein Französisches Schif im Begrif stünde, nach Bordeaux zu segeln. Da er keine Hämmel mit Diamanten bepakt mehr mitzunemen hatte, mietete er sich ein wohlfeiles Kämmerchen im Schif, und lies in der Stadt bekannt machen, wenn sich ein braver Mann fände, der mit wollte, so sollt’ er nicht für Reisekosten und Zehrung zu sorgen haben, und überdies zweitausend Piaster bekommen; dieser Mann aber müsste seines Zustandes äusserst überdrüssig und der allerunglüklichste im ganzen Lande sein.

Es kam der Prätendenten eine solche Menge, daß Eine Flotte nicht Raum für sie gehabt hätte. Kandide suchte die Angesehnsten darunter aus; das waren ein Stük zwanzig, bei denen unter den Falten und Runzeln des Elends Züge von Geselligkeit hervorblikten, und die insgesamt den Vorzug zu verdienen behaupteten.

Sie mussten sich alle in seinem Wirtshause einfinden, und mit ihm Abendbrod nemen. Jeder hatte ihm zuschwören müssen, seinen Lebenslauf treu und sonder Gefährde zu erzählen, und er hatte dagegen versprochen, denjenigen von

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_116.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)