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Voltaire: Kandide. Erster Theil

pure schöne Geister. Das Hauptstekkenpferd all’ dieser Leute aber war Liebe, welches sie mit zwei andern abwechselten, Afterreden und Schnikschnak genannt.

Kandide. Haben Sie Paris gesehn, lieber Martin?

Martin. Ich hab’s. Da finden Sie all’ den Schlag von Leuten in Einen Topf geworfen; es ist ein wahres Chaos. Ein gedrangvoller, lermreicher Ort, worin Alt und Jung „nach dem Ringe des Vergnügens rennt,“ und, meines Bemerkens, ihn niemand abstösst.

Lange hab’ ich mich dort nicht aufgehalten; kaum war ich angekommen, so hatten die Spizbuben auf den St. Germainsmarkte mir all’ mein Bischen Baarschaft weggestohlen. Man hielt mich selbst für einen Spizbuben; acht Tage lang musst’ ich im Gefängnisse sizen, hernach ward ich Korrektor, um mir nur so viel zu verdienen, daß ich per pedes Apostolorum wieder nach Holland konnte. Ich habe das schmierende, das kabalebrütende und das fanatische Gesindel kennen gelernt. Es soll aber noch recht brave artige Leute in der Stadt geben; ich will’s glauben.

Kandide. Ich meines Theils finde gar keinen Trieb, Frankreich zu sehn; Sie können leicht erachten, wenn man einen Monat lang in Eldorado gewesen, daß man weiter nichts zu sehn

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_124.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)