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Voltaire: Kandide. Erster Theil

beim Strumpfbandumbinden in dem verführerischsten Prospekte zu sehn Gelegenheit gehabt hatte; das Kabinet wollüstigdämmernd; alles ringsum hatte so viel anlokkendes; allein waren sie; er erlag.

Sie spielten ihr Duodram beide recht brav; die Dame, als eine Frau von Welt, geübt in den schlausten, unterhaltendsten Buhlerinnenkünsten; Kandide, als ein unentnervter junger Westphale; er nam sich völlig dabei, wie Herkules in der Nacht gegen die Funfzig.

Nach geendeter Sophascene, lobte die Schöne zwei übergrosse Diamanten, die sie bereits längst bei ihrem jungen Fremden wahrgenommen hatte, so treuherzig, daß sie in einem Hui an den Fingern der Marquise sassen.

Wie Kandide mit seinem Abee Perigourdin zu Hause ging, stiegen ihm einige Skrupel wegen der Untreue auf, die er an der Barones Kunegunde begangen hatte; der Herr Abee nam an seinem Kummer Theil: er hatte an den funfzigtausend Livres, die Kandide in dem Spiel verloren hatte und an den beiden Brilljanten, die halb geschenkt, halb abgedrungen waren, nur sehr geringen Antheil gehabt.

Der Herr Abee, der jezt einen tüchtigen Schnitt zu machen dachte, war bemüht, sich bei

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_141.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)