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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Unglükliche gefunden; daß aber dies Mädchen und dieser Theatiner vollglükliche Geschöpfe sind, darauf wollt’ ich wetten. Ich wette, sie sind’s nicht! sagte Martin. Ich darf sie nur zu Gaste bitten, versezte Kandide, so sehn wir gleich, ob ich mich geirrt habe.

Sofort ging er auf sie zu, machte ihnen sein Kompliment, und bat sie, in seinen Gasthof zu kommen, und mit Macaroni, Lombardischen Rebhünern, Störrögen, und etlichen Flaschen Montepulciano, Lacrimâ Christi, und Cyper- und Samoswein vorlieb zu nemen. Das Mädchen ward rot, der Theatiner nam die Einladung an. Das junge Frauenzimmer folgte ihm, blikte Kandiden mit einem Auge an, worin sich Bestürzung und Beschämung malte, und manche Thräne trat.

Kaum waren sie im Hause, so sagte die Dirne, die Kandiden abseits genommen hatte: Kennen Sie denn Gertruden nicht mehr, lieber Herr Kandide? Dieser, dem Kunegunde stets vor Augen schwebte, hatte vorher nur einen flüchtigen Blik auf dies Mädchen geworfen, jezt fasst’ er sie fest in’s Auge, und sagte: Wären Sie’s wirklich, liebes Kind, Sie, die dem armen Magister ein so schönes Geschenk gemacht haben?

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg.: , 1782, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_153.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2021)