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Voltaire: Kandide. Erster Theil

tagtäglich Karessen und Liebkosungen diesem Manne, der ’ne wahre, alte Bloksbergsfraze war.

’S ist ’n gefärlich Ding, wenn ein Zankteufel eine Doktersfrau ist. Madame Brumeisen erfuhr’s. Ihr Mann hatte endlich das Ding satt, gab ihr eines Tages, um sie vom Schnupfen zu kuriren, eine so wirksame Arzenei, daß sie zwei Stunden drauf mit den jämmerlichsten Verzukkungen abschurte.

Die Anverwandten der Frau Doktern spannen einen Kriminalprozes gegen den Mann an, der sich glüklich aus dem Staube machte, und mich drin sizen lies. Man warf mich in’s Gefängnis, woraus mich nicht meine Unschuld rettete, sondern meine ganz leidliche Gestalt. Der Richter sezte mich auf freien Fus unterm Beding, des Dokters Stelle einnemen zu dürfen. In einem Husch wurd’ ich ausgestochen, krigte die Schüppe, musste ohn’ einen Liard Grazial von dannen wandern, und sah’ mich genötigt, jenes abscheuliche Handwerk zu ergreifen, was Euch Mannspersonen so angenem dünkt, und was für uns eine vollströmende unerschöpfliche Quelle des Elends ist.

Ich ging nach Venedig, um hier mein Gewerbe zu treiben. O! mein Herr! Sie können sich nicht vorstellen, was das für eine Höllenmarter ist, alles durch die Bank weg karessieren zu

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg.: , 1782, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_155.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)