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Voltaire: Kandide. Erster Theil

dessen Worte nach echt Italienischen Weinessig schmekten, das alles ist mir höchst kahl und schaal. Mit äusserstem Widerwillen hab’ ich die Grobheiten gelesen, die er den alten Weibern und Hexen in den Bart wirft, ich seh’ auch gar nicht ein, was das für ein grosser oder kühner Gedanke ist, wenn er zu seinem Freunde Mäcen sagt: Wenn Du mich unter die lyrischen Dichter rechnest, werd’ ich mit erhabnem Nakken an die Sterne stossen.

Aber so geht’s; an einem beliebten Autor staunen die Dunse alles als göttlich an. Ich lese blos für mich, und was nicht in meinem Kram dient, steht mir auch nicht an.

Kandide, der von der Amm’ an zu nichts weiter gewöhnt war, als zum Nachbeten, erstaunte höchlich über alles das, was er hörte; Martin aber fand Pococurantés Urtheile gar nicht uneben.

Ha! ein Cicero, rief Kandide. Den grossen Mann werden Sie gewis nicht müde zu lesen? Warlich nicht! antwortete der Venediger, denn ich les’ ihn nie. Was schiert’s mich, ob er dem Rabirius oder Cluentius den Prozes geführt hat. Ich habe so Prozesse die Menge abzuurteln. Seine philosophischen Schriften wären noch eher mein Kasus gewesen; wie ich aber sahe, daß er alles bezweifelte, so schlos

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg.: , 1782, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_166.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)