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Voltaire: Kandide. Erster Theil

wirklich philosophischer Kopf dergleichen beherzigen kann.

Kaum hatte Kandide den Fus in’s Schif gesezt, so stürzt’ er auf seinen alten Diener, seinen Freund Kakambo zu, und fiel ihm um den Hals. Nun, was macht meine Kunegunde[WS 1]? rief er. Ist sie noch immer das schöne Mädchen? Liebt sie mich noch immer? O was macht sie? Du hast ihr unstreitig einen Pallast zu Konstantinopel gekauft?

„Ach! ’s hat sich was zu pallasten, lieber Herr. Die gute Kunegunde steht da am Rande des Mare di Marmora und scheuert Teller und Schüsseln; ist Sklavin von einem Prinzen, bei dem das Küchengerät herzlich dünn gesät ist. ’S is der alte Fürst Ragotsky, dem die Ottomannische Pforte täglich drei Thaler in seiner Freistat zufliessen lässt. Alles schlim genug, aber der hinkende Bote kömmt noch erst nach. Der Barones ihr niedliches Lärvchen ist ganz zum Kukuk; sie ist, mit Respekt zu sagen, ’n wahrer Popanz geworden.“

Mag’s doch, sie sei Popanz oder schön, antwortete Kandide; so mus ich sie doch lieben; Sie hat mein Wort, und ich bin ein Teutscher Mann. Aber sag’ mir, wie kann sie so zum Aschenbrödel herabgesunken sein? Du hast ihr doch fünf bis sechs Millionen gebracht? I ja doch! sagte Kakambo, hab’ ich nicht dem Sennor Don Fernando

  1. Vorlage: Kuegunde
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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_180.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)