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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Jezt eräugnete sich ein Vorfall, der Martinen völlig in seinen verdammlichen Grundsäzen befestigte, Kandiden schwankender machte, denn je, und Panglosen nicht wenig in die Klemme trieb. Eines Tages kam nämlich Gertrud mit dem Bruder Viola in ihren Hof gewandert. Sie waren beide im äussersten Elende. Die dreitausend Piaster hatten sie über Hals über Kopf durch die Gurgel gejagt, sich darauf getrennt, wieder ausgesöhnt, von neuem überworfen, im Gefängnis gesessen, sich daraus geflüchtet, und endlich war Bruder Viola Türke geworden. Wo sie hingekommen waren, da hatte Gertrud ihr Handwerk fortgesezt, ohne damit was vor sich bringen zu können.

Ich sah’s wohl voraus, daß Ihre Geschenke bald zerrinnen, und daß die Leute unglüklicher werden würden, denn zuvor, sagte Martin. Sie und Ihr Kakambo hatten Piaster zu Scheffeln, und waren deshalb doch nicht glüklicher, wie Bruder Viola und Gertrude. Haha! sagte Panglos zu Gertruden. So führt Dich doch der Himmel wieder zu uns, herziges Kind. Weisst Du wohl, daß Du mich um die halbe Nase, um Ein Auge und ein Ohr gebracht hast … O wie du aussiehst! … Doch das ist alles der Welt Lauf.

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_198.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2021)