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6 Einleitung. 0

sind, was in unsern Begriffen, (wiewohl noch auf verworrne Art) schon gedacht worden, doch wenigstens der Form nach neuen Einsichten gleich geschätzet werden, wiewohl sie der Materie oder dem Inhalte nach die Begriffe, die wir haben, nicht erweitern, sondern nur aus einander setzen. Da dieses Verfahren nun eine wirkliche Erkentniß a priori giebt, die einen sichern und nüzlichen Fortgang hat, so erschleicht die Vernunft, ohne es selbst zu merken, unter dieser Vorspiegelung Behauptungen von ganz anderer Art, wo die Vernunft zu gegebenen Begriffen a priori ganz fremde hinzu thut, ohne daß man weiß, wie sie dazu gelange, und ohne sich diese Frage auch nur in die Gedanken kommen zu lassen. Ich will daher gleich anfangs von dem Unterschiede dieser zwiefachen Erkentnißart handeln.


Von dem Unterschiede
analytischer und synthetischer Urtheile.

 In allen Urtheilen, worinnen das Verhältniß eines Subjects zum Prädicat gedacht wird, (wenn ich nur die beiahende erwege: denn auf die verneinende ist die Anwendung leicht) ist dieses Verhältniß auf zweierley Art möglich. Entweder das Prädicat B gehöret zum Subiect A als etwas, was in diesem Begriffe A (versteckter Weise) enthalten ist; oder B liegt ganz ausser dem Begriff A, ob es zwar mit demselben in Verknüpfung steht. Im ersten Fall nenne ich das Urtheil analytisch, im andern synthe-

tisch. tisch.
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 006. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_006.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)