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43 II. Abschnitt. Von der Zeit. 43

können sehr verschieden seyn. Wenn wir diese unsre Anschauung auch zum höchsten Grade der Deutlichkeit bringen könten, so würden wir dadurch der Beschaffenheit der Gegenstände an sich selbst nicht näher kommen. Denn wir würden auf allen Fall doch nur unsre Art der Anschauung d. i. unsere Sinnlichkeit vollständig erkennen, und diese immer nur unter den, dem Subiect ursprünglich anhängenden Bedingungen, von Raum und Zeit; was die Gegenstände an sich selbst seyn mögen, würde uns durch die aufgeklärteste Erkentniß der Erscheinung derselben, die uns allein gegeben ist, doch niemals bekant werden.

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 Daß daher unsere ganze Sinnlichkeit nichts als die verworrene Vorstellung der Dinge sey, welche lediglich das enthält, was ihnen an sich selbst zukömmt, aber nur unter einer Zusammenhäufung von Merkmalen und Theilvorstellungen, die wir nicht mit Bewußtseyn auseinander setzen, ist eine Verfälschung des Begriffs von Sinnlichkeit und von Erscheinung, welche die ganze Lehre derselben unnütz und leer macht. Der Unterschied einer undeutlichen von der deutlichen Vorstellung ist blos logisch, und betrift nicht den Inhalt. Ohne Zweifel enthält der Begriff von Recht, dessen sich der gesunde Verstand bedient, eben dasselbe, was die subtileste Speculation aus ihm entwickeln kan, nur daß im gemeinen und practischen Gebrauche man sich dieser mannigfaltigen Vorstellungen in diesen Gedanken, nicht bewußt ist. Darum kan man nicht sagen, daß der gemeine Begriff sinnlich sey, und eine blosse Erscheinung

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 043. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_043.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)