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114 Elementarl. II. Th. I. Abth. I.Buch. II. Hauptst. 114

Gesetzen, und mithin in einer transscendentalen Affinität, woraus die empirische die blosse Folge ist.

 Daß die Natur sich nach unserm subiectiven Grunde der Apperception richten, ia gar davon in Ansehung ihrer Gesetzmässigkeit abhangen solle, lautet wol sehr widersinnisch und befremdlich. Bedenket man aber, daß diese Natur an sich nichts als ein Inbegriff von Erscheinungen, mithin kein Ding an sich, sondern blos eine Menge von Vorstellungen des Gemüths sey, so wird man sich nicht wundern, sie blos in dem Radicalvermögen aller unsrer Erkentniß, nemlich der transscendentalen Apperception, in derienigen Einheit zu sehen, um deren willen allein sie Obiect aller möglichen Erfahrung, d. i. Natur heissen kan; und daß wir auch eben darum diese Einheit a priori, mithin auch als nothwendig erkennen können, welches wir wol müsten unterwegens lassen, wäre sie unabhängig von den ersten Quellen unseres Denkens an sich gegeben. Denn da wüste ich nicht, wo wir die synthetische Sätze einer solchen allgemeinen Natureinheit hernehmen sollten, weil man sie auf solchen Fall von den Gegenständen der Natur selbst entlehnen müßte. Da dieses aber nur empirisch geschehen könte: so würde daraus keine andere, als blos zufällige Einheit gezogen werden können, die aber bey weitem an den nothwendigen Zusammenhang nicht reicht, den man meint, wenn man Natur nennt[.]


Der
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_114.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)