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122 Elementarl. II. Th. I. Abth. I.Buch. II. Hauptst. 122

ganz unbestimt und zufällig, ob sie auch associabel wären; und in dem Falle, daß sie es nicht wären, so würde eine Menge Wahrnehmungen, und auch wohl eine ganze Sinnlichkeit möglich seyn, in welcher viel empirisches Bewustseyn in meinem Gemüth anzutreffen wäre, aber getrent, und ohne daß es zu einem Bewustseyn meiner selbst gehörete, welches aber unmöglich ist. Denn nur dadurch, daß ich alle Wahrnehmungen zu einem Bewustseyn (der ursprünglichen Apperception) zehle, kan ich bey allen Wahrnehmungen sagen: daß ich mir ihrer bewust sey. Es muß also ein obiectiver, d. i. vor allen empirischen Gesetzen der Einbildungskraft a priori einzusehender Grund seyn, worauf die Möglichkeit, ia sogar die Nothwendigkeit eines durch alle Erscheinungen sich erstreckenden Gesetzes beruht, sie nemlich durchgängig als solche Data der Sinne anzusehen, welche an sich associabel, und allgemeinen Regeln einer durchgängigen Verknüpfung in der Reproduction unterworfen seyn. Diesen obiectiven Grund aller Association der Erscheinungen nenne ich die Affinität derselben. Diesen können wir aber nirgends anders, als in dem Grundsatze von der Einheit der Apperception, in Ansehung aller Erkentnisse, die mir angehören sollen, antreffen. Nach diesem müssen durchaus alle Erscheinungen, so ins Gemüth kommen, oder apprehendirt werden, daß sie zur Einheit der Apperception zusammenstimmen, welches, ohne synthetische Einheit in ihrer Verknüpfung, die mithin auch obiectiv nothwendig ist, unmöglich seyn würde.

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Die
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_122.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)