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123 III. Absch. Vom Verh. d. Verst. zu Gegenst. etc. 123

 Die obiective Einheit alles (empirischen) Bewustseyns in einem Bewustseyn (der ursprünglichen Apperception) ist also die nothwendige Bedingung so gar aller möglichen Wahrnehmung, und die Affinität aller Erscheinungen (nahe oder entfernte) ist eine nothwendige Folge einer Synthesis in der Einbildungskraft, die a priori auf Regeln gegründet ist.

 Die Einbildungskraft ist also auch ein Vermögen einer Synthesis a priori, weswegen wir ihr den Namen der productiven Einbildungskraft geben, und, so fern sie in Ansehung alles Mannigfaltigen der Erscheinung nichts weiter, als die nothwendige Einheit in der Synthesis derselben zu ihrer Absicht hat, kan diese die transscendentale Function der Einbildungskraft genant werden. Es ist daher zwar befremdlich, allein aus dem bisherigen doch einleuchtend, daß nur vermittelst dieser transscendentalen Function der Einbildungskraft, sogar die Affinität der Erscheinungen, mit ihr die Association und durch diese endlich die Reproduction nach Gesetzen, folglich die Erfahrung selbst möglich werde: weil ohne sie gar keine Begriffe von Gegenständen in eine Erfahrung zusammenfliessen würden.

 Denn das stehende und bleibende Ich (der reinen Apperception) macht das Correlatum aller unserer Vorstellungen aus, so fern es blos möglich ist, sich ihrer bewust zu werden, und alles Bewustseyn gehört eben so wol zu einer allbefassenden reinen Apperception, wie alle sinnliche

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_123.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)