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160 Elementarl. II. Th. I. Abth. II.Buch. II. Hauptst. 160

ist aber das Vermögen der Begriffe. Die Mathematik hat dergleichen, aber ihre Anwendung auf Erfahrung, mithin ihre obiective Gültigkeit, ia die Möglichkeit solcher synthetischer Erkentniß a priori (die Deduction derselben) beruht doch immer auf dem reinen Verstande.

 Daher werde ich unter meine Grundsätze die der Mathematik nicht mitzählen, aber wol dieienige, worauf sich dieser ihre Möglichkeit und obiective Gültigkeit a priori gründet, und die mithin als Principium dieser Grundsätze anzusehen seyn, und von Begriffen zur Anschauung, nicht aber von der Anschauung zu Begriffen ausgehen.

 In der Anwendung der reinen Verstandesbegriffe auf mögliche Erfahrung ist der Gebrauch ihrer Synthesis entweder mathematisch, oder dynamisch: denn sie geht theils blos auf die Anschauung, theils auf das Daseyn einer Erscheinung überhaupt. Die Bedingungen a priori der Anschauung sind aber in Ansehung einer möglichen Erfahrung durchaus nothwendig, die des Daseyns der Obiecte einer möglichen empirischen Anschauung an sich nur zufällig. Daher werden die Grundsätze des mathematischen Gebrauchs unbedingt nothwendig, d. i. apodictisch lauten, die aber des dynamischen Gebrauchs werden zwar auch den Character einer Nothwendigkeit a priori, aber nur unter der Bedingung des empirischen Denkens in einer Erfahrung, mithin nur mittelbar und indirect bey sich führen, folglich dieienige unmittelbare Evidenz nicht enthalten, (obzwar ihrer auf Erfahrung allgemein bezogenen Gewißheit unbeschadet)

die
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_160.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)