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204 Elementarl. II. Th. I. Abth. II.Buch. II. Hauptst. 204

die Ursache von dem Steigen des Wassers über seine Horizontalfläche, obgleich beide Erscheinungen zugleich seyn. Denn so bald ich dieses aus einem grösseren Gefäß mit dem Glase schöpfe, so erfolgt etwas, nemlich die Veränderung des Horizontalstandes, den es dort hatte, in einen concaven, den es im Glase annimt.

 Diese Caussalität führt auf den Begriff der Handlung, diese auf den Begriff der Kraft, und dadurch auf den Begriff der Substanz. Da ich mein critisches Vorhaben, welches lediglich auf die Quellen der synthetischen Erkentniß a priori geht, nicht mit Zergliederungen bemengen will, die blos die Erläuterung (nicht Erweiterung) der Begriffe angehen, so überlasse ich die umständliche Erörterung derselben einem künftigen System der reinen Vernunft: wie wol man eine solche Analysis im reichen Maasse, auch schon in den bisher bekanten Lehrbüchern dieser Art, antrift. Allein das empirische Criterium einer Substanz, so fern sie sich nicht durch die Beharrlichkeit der Erscheinung, sondern besser und leichter durch Handlung zu offenbaren scheint, kan ich nicht unberührt lassen.

 Wo Handlung, mithin Thätigkeit und Kraft ist, da ist auch Substanz, und in dieser allein muß der Sitz iener fruchtbaren Quelle der Erscheinungen gesucht werden. Das ist ganz gut gesagt: aber, wenn man sich darüber erklären soll, was man unter Substanz verstehe, und dabey den fehlerhaften Cirkel vermeiden will, so ist es nicht so

leicht
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_204.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)