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220 Elementarl. II. Th. I. Abth. II.Buch. II. Hauptst. 220

 Das Postulat der Möglichkeit der Dinge fordert also, daß der Begriff derselben mit den formalen Bedingungen einer Erfahrung überhaupt zusammenstimme. Diese, nemlich die obiective Form der Erfahrung überhaupt, enthält aber alle Synthesis, welche zur Erkentniß der Obiecte erfordert wird. Ein Begriff, der eine Synthesis in sich faßt, ist vor leer zu halten, und bezieht sich auf keinen Gegenstand, wenn diese Synthesis nicht zur Erfahrung gehört, entweder, als von ihr erborgt, und denn heißt er ein empirischer Begriff, oder als eine solche, auf der, als Bedingung a priori, Erfahrung überhaupt, (die Form derselben) beruht, und denn ist es ein reiner Begriff, der dennoch zur Erfahrung gehört, weil sein Obiect nur in dieser angetroffen werden kan. Denn wo will man den Character der Möglichkeit eines Gegenstandes, der durch einen synthetischen Begriff a priori gedacht worden, hernehmen, wenn es nicht von der Synthesis geschieht, welche die Form der empirischen Erkentniß der Obiecte ausmacht. Daß in einem solchen Begriffe kein Widerspruch enthalten seyn müsse, ist zwar eine nothwendige logische Bedingung; aber zur obiectiven Realität des Begriffs, d. i. der Möglichkeit eines solchen Gegenstandes, als durch den Begriff gedacht wird, bey weitem nicht genug. So ist in dem Begriffe einer Figur, die in zwey geraden Linien eingeschlossen ist, kein Widerspruch, denn die Begriffe von zwey geraden Linien und deren Zusammenstossung, enthalten keine Verneinung einer Figur; sondern

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_220.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)