232 | Elementarl. II. Th. I. Abth. II.Buch. II. Hauptst. |
wie eine einzige alles befassende Erfahrung möglich sey, läßt sich aus dem, was gegeben ist, nicht schliessen, und, ohne daß irgend etwas gegeben ist, noch viel weniger; weil ohne Stoff sich überall nichts denken läßt. Was unter Bedingungen, die selbst blos möglich sind, allein möglich ist, ist es nicht in aller Absicht. In dieser aber wird die Frage genommen, wenn man wissen will, ob die Möglichkeit der Dinge sich weiter erstrecke, als Erfahrung reichen kan.
Ich habe dieser Fragen nur Erwähnung gethan, um keine Lücke in demienigen zu lassen, was, der gemeinen Meinung nach, zu den Verstandesbegriffen gehört. In der That ist aber die absolute Möglichkeit (die in aller Absicht gültig ist) kein blosser Verstandesbegriff, und kan auf keinerley Weise von empirischem Gebrauche seyn, sondern er gehört allein der Vernunft zu, die über allen möglichen empirischen Verstandesgebrauch hinausgeht. Daher haben wir uns hiebey mit einer blos critischen Anmerkung begnügen müssen, übrigens aber die Sache bis zum weiteren künftigen Verfahren in der Dunkelheit gelassen.
Da ich eben diese vierte Nummer, und, mit ihr, zugleich das System aller Grundsätze des reinen Verstandes schliessen will, so muß ich noch Grund angeben, warum ich die Principien der Modalität gerade Postulate genant habe. Ich will diesen Ausdruck hier nicht in der Bedeutung nehmen, welche ihm einige neuere philosophische
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_232.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)