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277 Von der Amphibolie der Reflexionsbegriffe. 277

ich nicht, und brauche es auch nicht zu wissen, weil mir doch niemals ein Ding anders, als in der Erscheinung vorkommen kan.

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 So verfahre ich auch mit den übrigen Reflexionsbegriffen. Die Materie ist substantia phaenomenon. Was ihr innerlich zukomme, suche ich in allen Theilen des Raumes, den sie einnimt, und in allen Wirkungen, die sie ausübt, und die freilich nur immer Erscheinungen äusserer Sinne seyn können. Ich habe also zwar nichts Schlechthin – sondern lauter Comparativinnerliches, das selber wiederum aus äusseren Verhältnissen besteht. Allein, das schlechthin, dem reinen Verstande nach, Innerliche der Materie ist auch eine blosse Grille; denn diese ist überall kein Gegenstand für den reinen Verstand, das transscendentale Obiect aber, welches der Grund dieser Erscheinung seyn mag, die wir Materie nennen, ist ein blosses Etwas, wovon wir nicht einmal verstehen würden, was es sey, wenn es uns auch iemand sagen könte. Denn wir können nichts verstehen, als was ein unsern Worten Correspondirendes in der Anschauung mit sich führet. Wenn die Klagen: Wir sehen das Innere der Dinge gar nicht ein, so viel bedeuten sollen, als wir begreifen nicht durch den reinen Verstand, was die Dinge, die uns erscheinen, an sich seyn mögen, so sind sie ganz unbillig und unvernünftig; denn sie wollen, daß man ohne Sinnen doch Dinge erkennen, mithin anschauen könne, folglich, daß wir ein von dem menschlichen nicht blos dem Grade,

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_277.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)