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289 Von der Amphibolie der Reflexionsbegriffe. 289

bezeichnen, und einen Raum übrig zu lassen, den wir weder durch mögliche Erfahrung, noch durch den reinen Verstand ausfüllen können.

 Die Critik dieses reinen Verstandes erlaubt es also nicht, sich ein neues Feld von Gegenständen, ausser denen, die ihm als Erscheinungen vorkommen können, zu schaffen, und in intelligibele Welten, so gar nicht einmal in ihren Begriff auszuschweifen. Der Fehler, welcher hiezu auf die allerscheinbarste Art verleitet, und allerdings entschuldigt, obgleich nicht gerechtfertigt werden kan, liegt darin: daß der Gebrauch des Verstandes, wider seine Bestimmung, transscendental gemacht, und die Gegenstände, d. i. mögliche Anschauungen, sich nach Begriffen, nicht aber Begriffe sich nach möglichen Anschauungen (als auf denen allein ihre obiective Gültigkeit beruht) richten müssen. Die Ursache hievon aber ist wiederum: daß die Apperception, und, mit ihr, das Denken vor aller möglichen bestimten Anordnung der Vorstellungen vorhergeht. Wir denken also Etwas überhaupt, und bestimmen es einerseits sinnlich, allein unterscheiden doch den allgemeinen und in abstracto vorgestellten Gegenstand von dieser Art ihn anzuschauen; da bleibt uns nun eine Art, ihn blos durch Denken zu bestimmen, übrig, welche zwar eine blosse logische Form ohne Inhalt ist, uns aber dennoch eine Art zu seyn scheint, wie das Obiect an sich existire (Noümenon), ohne auf die Anschauung zu sehen, welche auf unsere Sinne eingeschränkt ist.

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_289.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)