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301 Einleitung. 301

 Betrachten wir aber diese Grundsätze des reinen Verstandes an sich selbst ihrem Ursprunge nach, so sind sie nichts weniger als Erkentnisse aus Begriffen. Denn sie würden auch nicht einmal a priori möglich seyn, wenn wir nicht die reine Anschauung, (in der Mathematik) oder Bedingungen einer möglichen Erfahrung überhaupt herbey zögen. Daß alles, was geschieht, eine Ursache habe, kan gar nicht aus dem Begriffe dessen, was überhaupt geschieht, geschlossen werden; vielmehr zeigt der Grundsatz, wie man allererst von dem was geschieht, einen bestimten Erfahrungsbegriff bekommen könne.

 Synthetische Erkentnisse aus Begriffen kan der Verstand also gar nicht verschaffen, und diese sind es eigentlich, welche ich schlechthin Principien nenne: indessen, daß alle allgemeine Sätze überhaupt comparative Principien heissen können.

 Es ist ein alter Wunsch, der, wer weis wie spät, vielleicht einmal in Erfüllung gehen wird: daß man doch einmal, statt der endlosen Mannigfaltigkeit bürgerlicher Gesetze, ihre Principien aufsuchen möge; denn darin kan allein das Geheimniß bestehen, die Gesetzgebung, wie man sagt, zu simplificiren. Aber die Gesetze sind hier auch nur Einschränkungen unsrer Freyheit auf Bedingungen, unter denen sie durchgängig mit sich selbst zusammenstimt, mithin gehen sie auf etwas, was gänzlich unser eigen Werk ist, und wovon wir durch iene Begriffe selbst die Ursache seyn können. Wie aber Gegenstände an sich selbst, wie

die
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_301.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)