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318 Elementarl. II. Th. II. Abth. I. Buch. 318

daß sie nur nach Ideen möglich seyn, daß zwar kein einzelnes Geschöpf, unter den einzelnen Bedingungen seines Daseyns, mit der Idee des Vollkommensten seiner Art congruire, (so wenig wie der Mensch mit der Idee der Menschheit, die er so gar selbst als das Urbild seiner Handlungen in seiner Seele trägt,) daß gleichwol iene Ideen im höchsten Verstande einzeln, unveränderlich, durchgängig bestimt und die ursprüngliche Ursachen der Dinge sind, und nur das Ganze ihrer Verbindung im Weltall einzig und allein iener Idee völlig adäquat sey. Wenn man das Uebertriebene des Ausdrucks absondert, so ist der Geistesschwung des Philosophen, von der copeylichen Betrachtung des Physischen der Weltordnung zu der architectonischen Verknüpfung derselben nach Zwecken, d. i. nach Ideen, hinaufzusteigen, eine Bemühung, die Achtung und Nachfolge verdient, in Ansehung desienigen aber, was die Principien der Sittlichkeit, der Gesetzgebung und der Religion betrift, wo die Ideen die Erfahrung selbst (des Guten) allererst möglich machen, obzwar niemals darin völlig ausgedrüet werden können, ein ganz eigenthümliches Verdienst, welches man nur darum nicht erkent, weil man es durch eben die empirische Regeln beurtheilt, deren Gültigkeit, als Principien, eben durch sie hat aufgehoben werden sollen. Denn in Betracht der Natur giebt uns Erfahrung die Regel an die Hand und ist der Quell der Wahrheit; in Ansehung der sittlichen Gesetze aber ist Erfahrung (leider!) die Mutter des Scheins, und es ist

höchst
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_318.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)