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388 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. 388

so fort zu derienigen Faßlichkeit zu bringen, welche in anderen Fällen gefördert werden kan, wo keine dergleichen unvermeidliche Illusion den Begriff verwirrt. Daher wird diese unsere Befreiung der Vernunft von sophistischen Theorien schwerlich schon die Deutlichkeit haben, die ihr zur völligen Befriedigung nöthig ist.

 Ich glaube diese auf folgende Weise befördern zu können.

 Alle Einwürfe können in dogmatische, critische und sceptische eingetheilt werden. Der dogmatische Einwurf ist, der wider einen Satz, der critische, der wider den Beweis eines Satzes gerichtet ist. Der erstere bedarf einer Einsicht in die Beschaffenheit der Natur des Gegenstandes, um das Gegentheil von demienigen behaupten zu können, was der Satz von diesem Gegenstande vorgiebt, er ist daher selbst dogmatisch und giebt vor, die Beschaffenheit, von der die Rede ist, besser zu kennen, als der Gegentheil. Der critische Einwurf, weil er den Satz in seinem Werthe oder Unwerthe unangetastet läßt, und nur den Beweis anficht, bedarf gar nicht den Gegenstand besser zu kennen, oder sich einer besseren Kentniß desselben anzumassen; er zeigt nur, daß die Behauptung grundlos, nicht, daß sie unrichtig sey. Der sceptische stellet Satz und Gegensatz wechselseitig gegen einander, als Einwürfe von gleicher Erheblichkeit, einen ieden derselben wechselsweise als Dogma und den andern als dessen Einwurf, ist also auf zwey entgegengesezten Seiten dem

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_388.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)