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405 II. Hauptst. Die Antinomie d. r. Vernunft. 405

 Vernunft ist das Vermögen der Principien. Die Behauptungen der reinen Psychologie enthalten nicht empirische Prädicate von der Seele, sondern solche, die, wenn sie statt finden, den Gegenstand an sich selbst unabhängig von der Erfahrung, mithin durch blosse Vernunft bestimmen sollen. Sie müßten also billig auf Principien und allgemeine Begriffe von denkenden Naturen überhaupt gegründet seyn. An dessen Statt findet sich: daß die einzelne Vorstellung, Ich bin, sie insgesamt regirt, welche eben darum, weil sie die reine Formel aller meiner Erfahrung (unbestimt) ausdrückt, sich wie ein allgemeiner Satz, der vor alle denkende Wesen gelte, ankündigt, und, da er gleichwol in aller Absicht einzeln ist, den Schein einer absoluten Einheit der Bedingungen des Denkens überhaupt bey sich führt, und dadurch sich weiter ausbreitet, als mögliche Erfahrung reichen könte.


Der
Transscendentalen Dialectik
Zweites Buch.
Zweites Hauptstück.
Die Antinomie der reinen Vernunft.

Wir haben in der Einleitung zu diesem Theile unseres Werks gezeigt: daß aller transscendentale Schein der reinen Vernunft auf dialectischen Schlüssen beruhe, deren Schema die Logik in den drey formalen Arten der Vernunftschlüsse

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 405. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_405.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)