Seite:Kant Critik der reinen Vernunft 427.png

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der reinen Vernunft.
der transscendentalen Ideen.
Antithesis.

 Die Welt hat keinen Anfang und keine Gränzen im Raume, sondern ist, sowol in Ansehung der Zeit als des Raums, unendlich.


Beweis.

 Denn man setze: sie habe einen Anfang. Da der Anfang ein Daseyn ist, wovor eine Zeit vorhergeht, darin das Ding nicht ist, so muß eine Zeit vorhergegangen seyn, darin die Welt nicht war, d. i. eine leere Zeit. Nun ist aber in einer leeren Zeit kein Entstehen irgend eines Dinges möglich; weil kein Theil einer solchen Zeit vor einem anderen irgend eine unterscheidende Bedingung des Daseyns, vor die des Nichtseyns an sich hat (man mag annehmen, daß sie von sich selbst, oder durch eine andere Ursache entstehe). Also kan zwar in der Welt manche Reihe der Dinge anfangen, die Welt selber aber kan keinen Anfang haben, und ist also in Ansehung der vergangenen Zeit, unendlich.


 Was das zweite betrift, so nehme man zuvörderst das Gegentheil an: daß nemlich die Welt dem Raume nach endlich und begränzt ist, so befindet sie sich in einem leeren Raum, der nicht begränzt ist. Es würde also nicht allein ein Verhältniß der Dinge im Raum, sondern auch der Dinge zum Raume angetroffen werden. Da nun die Welt ein absolutes Ganzes ist, ausser welchem kein

Gegen-
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 427. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_427.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)