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Anmerkung zur dritten Antinomie
I. zur Thesis.

 Die transscendentale Idee der Freiheit macht zwar bey weitem nicht den ganzen Inhalt des psychologischen Begriffs dieses Nahmens aus, welcher grossen Theils empirisch ist, sondern nur den der absoluten Spontaneität der Handlung, als den eigentlichen Grund der Imputabilität derselben, ist aber dennoch der eigentliche Stein des Anstosses vor die Philosophie, welche unüberwindliche Schwierigkeiten findet, dergleichen Art von unbedingter Caussalität einzuräumen. Dasienige also in der Frage über die Freiheit des Willens, was die speculative Vernunft von ieher in so grosse Verlegenheit gesezt hat, ist eigentlich nur transscendental und gehet lediglich darauf: ob ein Vermögen angenommen werden müsse, eine Reihe von successiven Dingen oder Zuständen von selbst anzufangen. Wie ein solches möglich sey, ist nicht eben so nothwendig beantworten zu können, da wir uns eben so wol bey der Caussalität nach Naturgesetzen damit begnügen müssen, a priori zu erkennen, daß eine solche vorausgesezt werden müsse, ob wir gleich die Möglichkeit, wie durch ein gewisses Daseyn das Daseyn eines andern gesezt werde, auf keine Weise begreifen, und uns desfalls lediglich an die Erfahrung halten müssen. Nun haben wir diese Nothwendigkeit eines ersten Anfangs einer Reihe von Erscheinungen aus Freiheit, zwar nur eigentlich in so fern dargethan, als zur Begreiflichkeit eines Ursprungs der Welt erfoderlich ist, indessen daß man alle nachfolgende Zustände vor eine Abfolge nach blossen Naturgesetzen

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 448. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_448.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)