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463 III. Absch. Von dem Interesse der Vernunft etc. 463

ihrer rechtlichen Ansprüche enthalten, vorgestellt und, wie es einer Transscendental-Philosophie geziemt, diese von allem Empirischen entkleidet, obgleich die ganze Pracht der Vernunftbehauptungen nur in Verbindung mit demselben hervorleuchten kan. In dieser Anwendung aber, und der fortschreitenden Erweiterung des Vernunftgebrauchs, indem sie von dem Felde der Erfahrungen anhebt, und sich bis zu diesen erhabenen Ideen almählig hinaufschwingt, zeigt die Philosophie eine Würde, welche, wenn sie ihre Anmassungen nur behaupten könte, den Werth aller anderen menschlichen Wissenschaft weit unter sich lassen würde, indem sie die Grundlage zu unseren grössesten Erwartungen und Aussichten auf die lezten Zwecke, in welchen alle Vernunftbemühungen sich endlich vereinigen müssen, verheißt. Die Fragen: ob die Welt einen Anfang und irgend eine Gränze ihrer Ausdehnung im Raume habe, ob es irgendwo und vielleicht in meinem denkenden Selbst eine untheilbare und unzerstörliche Einheit, oder nichts als das Theilbare und Vergängliche gebe, ob ich in meinen Handlungen frey, oder, wie andere Wesen, an dem Faden der Natur und des Schicksals geleitet sey, ob es endlich eine oberste Weltursache gebe, oder die Naturdinge und deren Ordnung den lezten Gegenstand ausmachen, bey dem wir in allen unseren Betrachtungen stehen bleiben müssen: das sind Fragen, um deren Auflösung der Mathematiker gerne seine ganze Wissenschaft dahin gäbe; denn diese kan ihm doch in Ansehung der höchsten und angelegensten Zwecke der

Mensch-
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 463. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_463.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)