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471 III. Absch. Von dem Interesse der Vernunft etc. 471

auftreten lassen; weil das eigentliche speculative Wissen überall keinen anderen Gegenstand, als den der Erfahrung treffen kan und, wenn man ihre Gränze überschreitet, die Synthesis, welche neue und von iener unabhängige Erkentnisse versucht, kein Substratum der Anschauung hat, an welchem sie ausgeübt werden könte.

 So aber, wenn der Empirismus in Ansehung der Ideen (wie es mehrentheils geschieht) selbst dogmatisch wird und dasienige dreust verneinet, was über der Sphäre seiner anschauenden Erkentnisse ist, so fällt er selbst in den Fehler der Unbescheidenheit, der hier um desto tadelhafter ist, weil dadurch dem practischen Interesse der Vernunft ein unersetzlicher Nachtheil verursacht wird.

 Dies ist der Gegensatz des Epicureisms[1] gegen den Platonism.

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  1. Es ist indessen noch die Frage, ob Epicur diese Grundsätze als obiective Behauptungen iemals vorgetragen habe? Wenn sie etwa weiter nichts, als Maximen des speculativen Gebrauchs der Vernunft waren, so zeigte er daran einen ächteren philosophischen Geist, als irgend einer der Weltweisen des Alterthums: daß man in Erklärung der Erscheinungen so zu Werke gehen müsse, als ob das Feld der Untersuchung durch keine Gränze oder Anfang der Welt abgeschnitten sey, den Stoff der Welt so annehmen, wie er seyn muß, wenn wir von ihm durch Erfahrung belehrt werden wollen, daß keine andere Erzeugung der Begebenheiten, als wie sie durch unveränderliche Naturgesetze bestimt werden, und endlich keine von der Welt unterschiedene Ursache müsse gebraucht werden, [472]
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 471. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_471.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)