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502 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst. 502

Weg der Beilegung eines nicht abzuurtheilenden Streits wollen wir iezt einschlagen.

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 Der eleatische Zeno, ein subtiler Dialectiker ist schon vom Plato als ein muthwilliger Sophist darüber sehr getadelt worden, daß er, um seine Kunst zu zeigen, einerley Satz durch scheinbare Argumente zu beweisen und bald darauf durch andere eben so starke wieder umzustürzen suchte. Er behauptete: Gott (vermuthlich war es bey ihm nichts als die Welt) sey weder endlich, noch unendlich, er sey weder in Bewegung, noch in Ruhe, sey keinem andern Dinge weder ähnlich, noch unähnlich. Es schien denen, die ihn hierüber beurtheilten, er habe zwey einander widersprechende Sätze gänzlich abläugnen wollen, welches ungereimt ist. Allein ich finde nicht: daß ihm dieses mit Recht zur Last gelegt werden könne. Den ersteren dieser Sätze werde ich bald näher beleuchten. Was die übrige betrift, wenn er unter dem Worte: Gott, das Universum verstand, so mußte er allerdings sagen: daß dieses weder in seinem Orte beharrlich gegenwärtig (in Ruhe) sey, noch denselben verändere (sich bewege), weil alle Oerter nur im Univers, dieses selbst also in keinem Orte ist. Wenn das Weltall alles, was existirt, in sich faßt, so ist es auch so fern keinem andern Dinge, weder ähnlich, noch unähnlich, weil es ausser ihm kein anderes Ding giebt, mit dem es könte verglichen werden. Wenn zwey

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 502. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_502.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)