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513 VIII. Absch. Regulatives Princip. d. r. Vernunft etc. 513

indefinitum) statt. So muß von der Theilung einer zwischen ihren Gränzen gegebenen Materie (eines Cörpers) gesagt werden: sie gehe ins Unendliche. Denn diese Materie ist ganz, folglich mit allen ihren möglichen Theilen, in der empirischen Anschauung gegeben. Da nun die Bedingung dieses Ganzen sein Theil und die Bedingung dieses Theils der Theil vom Theile u. s. w. ist, und in diesem Regressus der Decomposition niemals ein Unbedingtes (untheilbares) Glied dieser Reihe von Bedingungen angetroffen wird, so ist nicht allein nirgend ein empirischer Grund, in der Theilung aufzuhören, sondern die fernere Glieder der fortzusetzenden Theilung sind selbst vor dieser weitergehenden Theilung empirisch gegeben, d. i. die Theilung geht ins Unendliche. Dagegen ist die Reihe der Voreltern zu einem gegebenen Menschen in keiner möglichen Erfahrung, in ihrer absoluten Totalität, gegeben, der Regressus aber geht doch von iedem Gliede dieser Zeugung zu einem höhern, so, daß keine empirische Gränze anzutreffen ist, die ein Glied, als schlechthin unbedingt, darstellete. Da aber gleichwol auch die Glieder, die hiezu die Bedingung abgeben könten, nicht in der empirischen Anschauung des Ganzen schon vor dem Regressus liegen: so geht dieser nicht ins Unendliche (der Theilung des gegebenen), sondern in unbestimbare Weite, der Aufsuchung mehrerer Glieder zu den gegebenen, die wiederum iederzeit nur bedingt gegeben sind.

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 513. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_513.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)