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518 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst. 518

gelange, die selbst wiederum als empirisch bedingt angesehen werden muß, enthält die Regel in terminis: daß so weit ich auch damit in der aufsteigenden Reihe gekommen seyn möge, ich iederzeit nach einem höheren Gliede der Reihe fragen müsse, es mag mir dieses nun durch Erfahrung bekant werden, oder nicht.

 Nun ist zur Auflösung der ersten cosmologischen Aufgabe nichts weiter nöthig, als noch auszumachen: ob in dem Regressus zu der unbedingten Grösse des Weltganzen (der Zeit und dem Raume nach) dieses niemals begränzte Aufsteigen ein Rückgang ins Unendliche heissen könne, oder nur ein unbestimbar fortgesezter Regressus (in indefinitum).

 Die blosse allgemeine Vorstellung der Reihe aller vergangenen Weltzustände, imgleichen der Dinge, welche im Weltraume zugleich sind, ist selbst nichts anders, als ein möglicher empirischer Regressus, den ich mir, obzwar noch unbestimt, denke, und wodurch der Begriff einer solchen Reihe von Bedingungen zu der gegebenen Wahrnehmung allein entstehen kan[1]. Nun habe ich das Weltganze

ganze

  1. Diese Weltreihe kan also auch weder grösser, noch kleiner seyn, als der mögliche empirische Regressus, auf dem allein ihr Begriff beruht. Und da dieser kein bestimtes Unendliche, eben so wenig aber auch ein bestimtendliches (schlechthinbegränztes) geben kan: so ist daraus klar, daß wir die Weltgrösse weder als endlich, noch unendlich annehmen können, weil der Regressus (dadurch iene vorgestellt wird) keines von beiden zuläßt.
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 518. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_518.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)