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535 IX. Absch. Vom empir. Gebrauche des regul. etc. 535

 Es geschieht also hier, was überhaupt in dem Widerstreit einer sich über die Gränzen möglicher Erfahrung hinauswagenden Vernunft angetroffen wird, daß die Aufgabe eigentlich nicht physiologisch, sondern transscendental ist. Daher die Frage von der Möglichkeit der Freiheit die Psychologie zwar anficht, aber, da sie auf dialectischen Argumenten der blos reinen Vernunft beruht, samt ihrer Auflösung lediglich die Transscendentalphilosophie beschäftigen muß. Um nun diese, welche eine befriedigende Antwort hierüber nicht ablehnen kan, dazu in Stand zu setzen, muß ich zuvörderst ihr Verfahren bey dieser Aufgabe durch eine Bemerkung näher zu bestimmen suchen.

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 Wenn Erscheinungen Dinge an sich selbst wären, mithin Raum und Zeit Formen des Daseyns der Dinge an sich selbst: so würden die Bedingungen mit dem Bedingten iederzeit als Glieder zu einer und derselben Reihe gehören und daraus auch in gegenwärtigem Falle die Antinomie entspringen, die allen transscendentalen Ideen gemein ist: daß diese Reihe unvermeidlich vor den Verstand zu groß, oder zu klein ausfallen müßte. Die dynamische Vernunftbegriffe aber, mit denen wir uns in dieser und der folgenden Nummer beschäftigen, haben dieses Besondere: daß, da sie es nicht mit einem Gegenstande, als Grösse betrachtet, sondern nur mit seinem Daseyn zu thun haben, man auch von der Grösse der Reihe der Bedingungen abstrahiren kan, und es bey ihnen blos auf das dynamische

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 535. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_535.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)