Seite:Kant Critik der reinen Vernunft 552.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
552 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst. 552

sonst würde sie selbst dem Naturgesetz der Erscheinungen, so fern es Caussalreihen der Zeit nach bestimt, unterworfen seyn, und die Caussalität wäre alsdenn Natur, und nicht Freiheit. Also werden wir sagen können: wenn Vernunft Caussalität in Ansehung der Erscheinungen haben kan: so ist sie ein Vermögen, durch welches die sinnliche Bedingung einer empirischen Reihe von Wirkungen zuerst anfängt. Denn die Bedingung, die in der Vernunft liegt, ist nicht sinnlich und fängt also selbst nicht an. Demnach findet alsdenn dasienige statt, was wir in allen empirischen Reihen vermißten: daß die Bedingung einer successiven Reihe von Begebenheiten selbst empirischunbedingt seyn konte. Denn hier ist die Bedingung ausser der Reihe der Erscheinungen (im Intelligibelen) und mithin keiner sinnlichen Bedingung und keiner Zeitbestimmung durch vorhergehende Ursache unterworfen.

.

 Gleichwol gehört doch eben dieselbe Ursache in einer andern Beziehung auch zur Reihe der Erscheinungen. Der Mensch ist selbst Erscheinung. Seine Willkühr hat einen empirischen Character, der die (empirische) Ursache aller seiner Handlungen ist. Es ist keine der Bedingungen, die den Menschen diesem Character gemäß bestimmen, welche nicht in der Reihe der Naturwirkungen enthalten wäre und dem Gesetze derselben gehorchte, nach welchem gar keine empirischunbedingte Caussalität von dem, was in der Zeit geschieht, angetroffen wird. Daher kan keine gegebene Handlung (weil sie nur als Erscheinung wahrgenommen

men
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 552. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_552.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)