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562 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst. 562

daß nicht die ganze Reihe in irgend einem intelligibelen Wesen, (welches darum von aller empirischen Bedingung frey ist und vielmehr den Grund der Möglichkeit aller dieser Erscheinungen enthält), gegründet seyn könne.

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 Es ist aber hiebey gar nicht die Meinung, das unbedingtnothwendige Daseyn eines Wesens zu beweisen, oder auch nur die Möglichkeit einer blos intelligibelen Bedingung der Existenz der Erscheinungen der Sinnenwelt hierauf zu gründen, sondern nur eben so, wie wir die Vernunft einschränken, daß sie nicht den Faden der empirischen Bedingungen verlasse, und sich in transscendente und keiner Darstellung in concreto fähige Erklärungsgründe verlaufe, also auch, anderer Seits, das Gesetz des blos empirischen Verstandesgebrauchs dahin einzuschränken: daß es nicht über die Möglichkeit der Dinge überhaupt entscheide und das Intelligibele, ob es gleich von uns zur Erklärung der Erscheinungen nicht zu gebrauchen ist, darum nicht vor unmöglich erkläre. Es wird also dadurch nur gezeigt: daß die durchgängige Zufälligkeit aller Naturdinge und aller ihrer (empirischen) Bedingungen, ganz wol mit der willkührlichen Voraussetzung einer nothwendigen, ob zwar blos intelligibelen Bedingung zusammen bestehen könne, also kein wahrer Widerspruch zwischen diesen Behauptungen anzutreffen sey, mithin sie beiderseits wahr seyn können. Es mag immer ein solches schlechthinnothwendiges Verstandeswesen an sich unmöglich seyn, so kan dieses doch aus der

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 562. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_562.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)