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572 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst. 572

Dinge, so fern sie mit ihren Gegentheilen verglichen werden, eines zukommen muß. Dieses beruht nicht blos auf dem Satze des Widerspruchs; denn es betrachtet ausser dem Verhältniß zweier einander widerstreitenden Prädicate, iedes Ding noch im Verhältniß auf die gesamte Möglichkeit, als den Inbegriff aller Prädicate der Dinge überhaupt und, indem es solche als Bedingung a priori voraussezt, so stellt es ein iedes Ding so vor, wie es von dem Antheil, den es an iener gesamten Möglichkeit hat, seine eigene Möglichkeit ableite[1]. Das Principium der durchgängigen Bestimmung betrift also den Inhalt und nicht blos die logische Form. Es ist der Grundsatz der Synthesis aller Prädicate, die den vollständigen Begriff von einem Dinge machen sollen und nicht blos der analytischen Vorstellung, durch eines zweier entgegengesezten Prädicate, und enthält eine transscendentale Voraussetzung, nemlich

die

  1. Es wird also durch diesen Grundsatz iedes Ding auf ein gemeinschaftliches Correlatum, nemlich, die gesamte Möglichkeit, bezogen, welche, wenn sie (d. i. der Stoff zu allen möglichen Prädicaten) in der Idee eines einzigen Dinges angetroffen würde, eine Affinität alles Möglichen durch die Identität des Grundes der durchgängigen Bestimmung desselben beweisen würde. Die Bestimbarkeit eines ieden Begriffs ist der Allgemeinheit (Vniuersalitas) des Grundsatzes der Ausschliessung eines Mittleren zwischen zween entgegengesezten Prädicaten, die Bestimmung aber eines Dinges der Allheit (Vniversitas) oder dem Inbegriffe aller möglichen Prädicate untergeordnet.
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 572. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_572.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)