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573 II. Absch. Vom transscend. Ideale. 573

die der Materie zu aller Möglichkeit, welche a priori die Data zur besonderen Möglichkeit iedes Dinges enthalten soll.

 Der Satz: alles Existirende ist durchgängig bestimt, bedeutet nicht allein, daß von iedem Paare einander entgegengesezten gegebenen, sondern auch von allen möglichen Prädicaten ihm immer eines zukomme; es werden durch diesen Satz nicht blos Prädicate unter einander logisch, sondern das Ding selbst, mit dem Inbegriffe aller möglichen Prädicate, transscendental verglichen. Er will so viel sagen, als: um ein Ding vollständig zu erkennen, muß man alles Mögliche erkennen, und es dadurch, es sey beiahend oder verneinend, bestimmen. Die durchgängige Bestimmung ist folglich ein Begriff, den wir niemals in concreto seiner Totalität nach darstellen können und gründet sich also auf einer Idee, welche lediglich in der Vernunft ihren Sitz hat, die dem Verstande die Regel seines vollständigen Gebrauchs vorschreibt.

 Ob nun zwar diese Idee von dem Inbegriffe aller Möglichkeit, so fern er als Bedingung der durchgängigen Bestimmung eines ieden Dinges zum Grunde liegt, in Ansehung der Prädicate, die denselben ausmachen mögen, selbst noch unbestimt ist, und wir dadurch nichts weiter, als einen Inbegriff aller möglichen Prädicate überhaupt denken, so finden wir doch bey näherer Untersuchung, daß diese Idee, als Urbegriff, eine Menge von Prädicaten ausstosse, die als abgeleitet durch andere schon gegeben

seyn
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 573. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_573.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)