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601 IV. Absch. Unmöglichkeit eines ontolog. Beweises etc. 601

enthalten gedacht; da denn durch die Verknüpfung mit dem Inhalte der gesamten Erfahrung der Begriff vom Gegenstande nicht im mindesten vermehrt wird, unser Denken aber durch denselben eine mögliche Wahrnehmung mehr bekomt. Wollen wir dagegen die Existenz durch die reine Categorie allein denken, so ist kein Wunder, daß wir kein Merkmal angeben können, sie von der blossen Möglichkeit zu unterscheiden.

 Unser Begriff von einem Gegenstande mag also enthalten, was und wie viel er wolle, so müssen wir doch aus ihm herausgehen, um diesem die Existenz zu ertheilen. Bey Gegenständen der Sinne geschieht dieses durch den Zusammenhang mit irgend einer meiner Wahrnehmungen nach empirischen Gesetzen; aber vor Obiecte des reinen Denkens ist[WS 1] ganz und gar kein Mittel, ihr Daseyn zu erkennen, weil es gänzlich a priori erkant werden müßte, unser Bewustseyn aller Existenz aber, (es sey durch Wahrnehmung unmittelbar, oder durch Schlüsse, die etwas mit der Wahrnehmung verknüpfen,) gehöret ganz und gar zur Einheit der Erfahrung und eine Existenz ausser diesem Felde kan zwar nicht schlechterdings vor unmöglich erklärt werden, sie ist aber eine Voraussetzung, die wir durch nichts rechtfertigen können.

 Der Begriff eines höchsten Wesens ist eine in mancher Absicht sehr nützliche Idee, sie ist aber eben darum, weil sie blos Idee ist, ganz unfähig, um vermittelst ihrer allein unsere Erkentniß in Ansehung dessen, was existirt,

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 601. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_601.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)