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631 VII. Absch. Critik aller speculativen Theologie. 631
Des dritten Hauptstücks
Siebenter Abschnitt.
Critik aller Theologie aus speculativen Principien
der Vernunft.

Wenn ich unter Theologie die Erkentniß des Urwesens verstehe, so ist sie entweder die aus blosser Vernunft (theologia rationalis) oder aus Offenbahrung (revelata). Die erstere denkt sich nun ihren Gegenstand entweder blos durch reine Vernunft, vermittelst lauter transscendentaler Begriffe, (ens originarium, realissimum, ens entium) und heißt die transscendentale Theologie, oder durch einen Begriff, den sie aus der Natur (unserer Seele) entlehnt, als die höchste Intelligenz und müßte die natürliche Theologie heissen. Der, so allein eine transscendentale Theologie einräumt, wird Deist, der, so auch eine natürliche Theologie annimt, Theist genant. Der erstere giebt zu, daß wir allenfals das Daseyn eines Urwesens durch blosse Vernunft erkennen können, aber unser Begriff von ihm blos transscendental sey, nemlich nur als von einem Wesen, das alle Realität hat, die man aber nicht näher bestimmen kan. Der zweite behauptet, die Vernunft sey im Stande, den Gegenstand nach der Analogie mit der Natur näher zu bestimmen, nemlich: als ein Wesen, das durch Verstand und Freiheit den Urgrund aller anderen Dinge in sich enthalte. Jener stellet sich also unter demselben blos eine Weltursache, (ob durch die

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 631. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_631.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)