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641 VII. Absch. Critik aller speculativen Theologie. 641

Wesens, vor Augen gelegt wird, nothwendig auch zureichen, um die Untauglichkeit einer ieden Gegenbehauptung zu beweisen. Denn, wo will iemand durch reine Speculation der Vernunft die Einsicht hernehmen: daß es kein höchstes Wesen, als Urgrund von Allem, gebe, oder daß ihm keine von den Eigenschaften zukomme, welche wir, ihren Folgen nach, als analogisch mit den dynamischen Realitäten eines denkenden Wesens, uns vorstellen, oder daß sie, in dem lezteren Falle auch allen Einschränkungen unterworfen seyn müßten, welche die Sinnlichkeit den Intelligenzen, die wir durch Erfahrung kennen, unvermeidlich auferlegt.

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 Das höchste Wesen bleibt also vor den blos speculativen Gebrauch der Vernunft ein blosses, aber doch fehlerfreies Ideal, ein Begriff, welcher die ganze menschliche Erkentniß schließt und krönet, dessen obiective Realität auf diesem Wege zwar nicht bewiesen, aber auch nicht widerlegt werden kan und, wenn es eine Moraltheologie geben solte, die diesen Mangel ergänzen kan, so beweiset alsdenn die vorher nur problematische transscendentale Theologie ihre Unentbehrlichkeit, durch Bestimmung ihres Begriffs und unaufhörliche Censur einer durch Sinnlichkeit oft genug getäuschten und mit ihren eigenen Ideen nicht immer einstimmigen Vernunft. Die Nothwendigkeit, die Unendlichkeit, die Einheit, das Daseyn ausser der Welt (nicht als Weltseele), die Ewigkeit, ohne Bedingungen der Zeit, die Allgegenwart, ohne Bedingungen

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 641. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_641.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)