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650 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst. 650

die die Erfahrung an die Hand geben mag, suchen und, wo es sich thun läßt, auf solche Weise systematische Einheit ins Erkentniß bringen müsse.

 Es zeigt sich aber, wenn man auf den transscendentalen Gebrauch des Verstandes Acht hat, daß diese Idee einer Grundkraft überhaupt, nicht blos als Problem zum hypothetischen Gebrauche bestimt sey, sondern obiective Realität vorgebe, dadurch die systematische Einheit der mancherley Kräfte einer Substanz postuliret und ein apodictisches Vernunftprincip errichtet wird. Denn, ohne daß wir einmal die Einhelligkeit der mancherley Kräfte versucht haben, ia selbst wenn es uns nach allen Versuchen mißlingt, sie zu entdecken, setzen wir doch voraus: es werde eine solche anzutreffen seyn und dieses nicht allein, wie in dem angeführten Falle, wegen der Einheit der Substanz, sondern, wo so gar viele, obzwar in gewissem Grade gleichartige, angetroffen werden, wie an der Materie überhaupt, sezt die Vernunft systematische Einheit mannigfaltiger Kräfte voraus, da besondere Naturgesetze unter allgemeineren stehen und die Ersparung der Principien nicht blos ein ökonomischer Grundsatz der Vernunft, sondern inneres Gesetz der Natur wird.

 In der That ist auch nicht abzusehen, wie ein logisches Princip der Vernunfteinheit der Regeln statt finden könne, wenn nicht ein transscendentales vorausgesezt würde, durch welches eine solche systematische Einheit, als den Obiecten selbst anhängend, a priori als nothwendig

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 650. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_650.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)