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681 VII. Absch. Critik aller speculativen Theologie. 681

 Die Vernunft kan aber diese systematische Einheit nicht anders denken, als daß sie ihrer Idee zugleich einen Gegenstand giebt, der aber durch keine Erfahrung gegeben werden kan, denn Erfahrung giebt niemals ein Beispiel vollkommener systematischer Einheit. Dieses Vernunftwesen (ens rationis ratiocinatae) ist nun zwar eine blosse Idee und wird also nicht schlechthin und an sich selbst als etwas Wirkliches angenommen, sondern nur problematisch zum Grunde gelegt (weil wir es durch keine Verstandesbegriffe erreichen können), um alle Verknüpfung der Dinge der Sinnenwelt so anzusehen, als ob sie in diesem Vernunftwesen ihren Grund hätten, lediglich aber in der Absicht, um darauf die systematische Einheit zu gründen, die der Vernunft unentbehrlich, der empirischen Verstandeserkentniß aber auf alle Weise beförderlich und ihr gleichwol niemals hinderlich seyn kan.

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 Man verkennet sogleich die Bedeutung dieser Idee, wenn man sie vor die Behauptung, oder auch nur die Voraussetzung einer wirklichen Sache hält, welcher man den Grund der systematischen Weltverfassung zuzuschreiben gedächte; vielmehr läßt man es gänzlich unausgemacht, was der, unseren Begriffen sich entziehende Grund derselben an sich vor Beschaffenheit habe und setzet sich nur eine Idee zum Gesichtspuncte, aus welchem einzig und allein man iene, der Vernunft so wesentliche und dem Verstande so heilsame, Einheit verbreiten kan, mit einem Worte:

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 681. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_681.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)