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714 Methodenlehre I. Hauptst. I. Absch. 714

empirisch, und dient gleichwol den Begriff, unbeschadet seiner Allgemeinheit, auszudrücken, weil bey dieser empirischen Anschauung, immer nur auf die Handlung der Construction des Begriffs, welchem viele Bestimmungen, z. E. der Grösse, der Seiten und der Winkel, ganz gleichgültig sind, gesehen und also von diesen Verschiedenheiten, die den Begriff des Triangels nicht verändern, abstrahirt wird.

 Die philosophische Erkentniß betrachtet also das Besondere nur im Allgemeinen, die mathematische das Allgemeine im Besonderen, ia gar im Einzelnen, gleichwol doch a priori und vermittelst der Vernunft, so daß, wie dieses Einzelne unter gewissen allgemeinen Bedingungen der Construction bestimt ist, eben so der Gegenstand des Begriffs, dem dieses Einzelne nur als sein Schema correspondirt, allgemein bestimt gedacht werden muß.

 In dieser Form besteht also der wesentliche Unterschied dieser beiden Arten der Vernunfterkentniß, und beruhet nicht auf dem Unterschiede ihrer Materie, oder Gegenstände. Dieienige, welche Philosophie von Mathematik dadurch zu unterscheiden vermeineten, daß sie von iener sagten, sie habe blos die Qualität, diese aber nur die Quantität zum Obiect, haben die Wirkung vor die Ursache genommen. Die Form der mathematischen Erkentniß ist die Ursache, daß diese lediglich auf Quanta gehen kan. Denn nur der Begriff von Grössen läßt sich construiren, d. i. a priori in der Anschauung darlegen, Qualitäten

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 714. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_714.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)