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718 Methodenlehre I. Hauptst. I. Absch. 718

Nach den oben vorgetragenen transscendentalen Grundlehren ist diese Ursache klar. Es komt hier nicht auf analytische Sätze an, die durch blosse Zergliederung der Begriffe erzeugt werden können, (hierin würde der Philosoph ohne Zweifel den Vortheil über seinen Nebenbuhler haben), sondern auf synthetische und zwar solche, die a priori sollen erkant werden. Denn ich soll nicht auf dasienige sehen, was ich in meinem Begriffe vom Triangel wirklich denke, (dieses ist nichts weiter, als die blosse Definition), vielmehr soll ich über ihn zu Eigenschaften, die in diesem Begriffe nicht liegen, aber doch zu ihm gehören, hinausgehen. Nun ist dieses nicht anders möglich, als daß ich meinen Gegenstand nach den Bedingungen, entweder der empirischen Anschauung, oder der reinen Anschauung bestimme. Das erstere würde nur einen empirischen Satz (durch Messen seiner Winckel), der keine Allgemeinheit, noch weniger Nothwendigkeit enthielte, abgeben und von dergleichen ist gar nicht die Rede. Das zweite Verfahren aber ist die mathematische und zwar hier die geometrische Construction, vermittelst deren ich in einer reinen Anschauung, eben so, wie in der empirischen, das Mannigfaltige, was zu dem Schema eines Triangels überhaupt, mithin zu seinem Begriffe gehöret, hinzusetze, wodurch allerdings allgemeine synthetische Sätze construirt werden müssen.

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 Ich würde also umsonst über den Triangel philosophiren, d. i. discursiv nachdenken, ohne dadurch im mindesten

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 718. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_718.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)