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724 Methodenlehre I. Hauptst. I. Absch. 724

indem diese, da sie schon auf eine Anschauung a priori gehen, auch eben darum a priori und ohne alle empirische data in der reinen Anschauung bestimt gegeben werden können. Alles, was da ist (ein Ding im Raum oder der Zeit) zu erwägen, ob und wie fern es ein Quantum ist oder nicht, daß ein Daseyn in demselben oder Mangel vorgestellt werden müsse, wie fern dieses Etwas (welches Raum oder Zeit erfüllt), ein erstes Substratum, oder blosse Bestimmung sey, eine Beziehung seines Daseyns auf etwas Anderes, als Ursache, oder Wirkung habe, und endlich isolirt oder in wechselseitiger Abhängigkeit mit andern in Ansehung des Daseyns stehe, die Möglichkeit dieses Daseyns, die Wirklichkeit und Nothwendigkeit, oder die Gegentheile derselben zu erwägen: dieses alles gehöret zum Vernunfterkentniß aus Begriffen, welches philosophisch genant wird. Aber im Raume eine Anschauung a priori zu bestimmen (Gestalt), die Zeit zu theilen (Dauer), oder blos das Allgemeine der Synthesis von einem und demselben in der Zeit und dem Raume und die daraus entspringende Grösse einer Anschauung überhaupt (Zahl) zu erkennen, das ist ein Vernunftgeschäfte durch Construction der Begriffe und heißt mathematisch.

 Das grosse Glück, welches die Vernunft vermittelst der Mathematik macht, bringt ganz natürlicher Weise die Vermuthung zu Wege: daß es, wo nicht ihr selbst, doch ihrer Methode auch ausser dem Felde der Grössen, gelingen werde, indem sie alle ihre Begriffe auf Anschauungen

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 724. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_724.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)